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Im Alltag von vielen Lerntherapeuten entsteht manchmal der Druck, möglichst viele Themen abzudecken – von LRS über Dyskalkulie, ADHS, Handschrifttraining bis hin zu Lerncoaching und Deutsch als Fremdsprache. Dahinter steckt oft der Wunsch, möglichst vielen Kindern zu helfen, gerade weil so viele keine passende Unterstützung bekommen und der Bedarf so hoch ist.
Einfach nur als LRS Lerntherapeut oder als Lerntherapeut für Rechenschwäche zu arbeiten reicht gefühlt nicht. Also bietet man immer mehr an, um niemanden im Stich zu lassen. Das klingt zunächst nach Flexibilität und Hilfsbereitschaft, führt aber oft dazu, dass der eigentliche Fokus verloren geht. Die Folge: ein sehr hoher Vorbereitungsaufwand, das Gefühl, nie „gut genug“ zu sein, nie genug Zeit zu haben und nicht selten Erschöpfung. Gerade der bewusste Fokus auf die eigenen Stärken und eine klare Positionierung sind jedoch der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg und Zufriedenheit.
Dieser Beitrag ist Teil der Blogparade von Sabine Landua:„Fokus bitte – meine besten Tipps für mehr Konzentration“. Ich widme mich dabei der Frage:
Was hilft Lerntherapeutinnen, den eigenen Fokus zu finden und zu halten?
Im Mittelpunkt stehen diesmal nicht die Schüler – für sie gibt es hier unsere besten Spielideen für mehr Konzentration aus dem Lerntherapeuten-Netzwerk.
Stattdessen geht es um uns als Fachpersonen: Wie gelingt es, fokussiert zu arbeiten, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und die eigenen Angebote sinnvoll zu gestalten – ohne sich zu verzetteln?

Der Wunsch möglichst vielen Schüler zu helfen
Nehmen wir Anna: Sie ist Logopädin und LRS Lerntherapeut(in). In Gesprächen mit ihr hat sie oft kommuniziert: „Ich mache ja nur LRS“. Das klang immer ein wenig negativ, als ob da etwas fehlen würde. Nach mehreren Anfragen von Eltern, ob sie auch Unterstützung bei einer Rechenschwäche anbieten würde, überlegte sie, ihr Angebot zu erweitern – um noch mehr Schülern zu helfen. Nach einem Austausch in unserem Lerntherapeuten-Netzwerk entschied sie sich bewusst dagegen. Mit dem Fokus auf LRS fand sie als Lerntherapeutin zu ihrer Kernkompetenz zurück – und spürte neue Entlastung.
Oder Andrea, Förderschullehrerin mit einem breiten Angebot auf ihrer Website. Auch ihr Fokus ist einmal die Tätigkeit als LRS Lerntherapeutin, aber zusätzlich bietet sie noch Lerncoaching, Unterstützung bei einer Dyskalkulie, Nachhilfe, Achtsamkeitstrainings, Deutsch als Fremdsprache und tiergestützte Angebote an. Sie war jeden Vormittag mit der Vorbereitung beschäftigt, denn ihr Motto lautete: „Ich helfe jedem Schüler! Auch dann, wenn ich dafür noch nicht die Kompetenz habe, denn die kann ich mir ja aneignen.“ Im Netzwerk wurde klar: Zu viel Vielfalt erschwert Qualität und führt zu einem enorm hohen Vorbereitungsaufwand. Auch auf ihrer Website war ihr Angebot nicht klar kommuniziert. Man verlor sich regelrecht in ihren Angeboten.
Viele Lerntherapeuten bieten neben der Lerntherapie weitere eigenständige Leistungen an:
- Deutsch als Fremdsprache,
- Achtsamkeitstraining,
- Prüfungsvorbereitung,
- Handschrifttraining,
- Konzentrationstraining und mehr (das alles unter einen Hut zu bekommen ist als Solo-Selbständige, eine mega Herausforderung).
Natürlich ist es wichtig, ein breites Verständnis dafür zu haben, welche Herausforderungen Kinder beim Lernen haben können – nur so kann man gezielt helfen. Genauso wichtig ist es aber, eigene Grenzen zu erkennen und auf externe Ansprechpartner hinzuweisen. Niemand muss alles selbst machen – das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Professionalität.
Warum es so schwer ist, den Fokus zu halten
Es gibt verschiedene Gründe, warum es oft schwerfällt, den Fokus zu halten und sich seiner Kernkompetenzen bewusst zu werden und warum es gefühlt nicht reicht als LRS Lerntherapeut Schülern zu helfen. Einige davon sind:
- Der Wunsch, möglichst niemanden auszuschließen und allen Schülern helfen zu können
- Unsicherheit, besonders am Anfang der Selbständigkeit und die Angst, nicht kompetent genug zu sein (und dann buche ich noch eine Fortbildung und noch eine)
- Die Motivation und Verlockung immer neue Methoden und Materialien auszuprobieren (wie viele liegen davon dann doch in der Ecke)
- Gesellschaftlicher Druck, stets „up to date“ zu sein (Stichwort Fomo (fear of missing out)
- Fehlende Klarheit über die eigenen Stärken und seine Positionierung
Diese Dynamik führt dazu, dass Lerntherapeuten ihren Fokus verlieren, sich verzetteln und ihre eigentliche Kernkompetenz aus dem Blick gerät.
FOMO in der Lerntherapie: Der Druck, immer mehr zu machen
Viele Lerntherapeuten spüren den Druck, ständig auf dem neuesten Stand zu sein – angetrieben von der Angst, etwas zu verpassen. Das wird auch als FOMO „Fear of Missing Out“ bezeichnet. Gerade durch Social Media entsteht das Gefühl: Alle anderen machen mehr, wissen mehr, bieten mehr an.
Fortbildung reiht sich an Fortbildung, neues Material wird angeschafft, ständig werden neue Impulse ausprobiert – und doch bleibt das nagende Gefühl, nie wirklich vorbereitet oder „gut genug“ zu sein.
Der Bauchladen-Modus: Viel Vielfalt, wenig Wirksamkeit
Aus dem Wunsch heraus, niemanden abzuweisen, nehmen manche Lerntherapeuten fast jeden Auftrag an. Es entsteht ein Angebot für viele Herausforderungen, die Schüler haben können: LRS, Dyskalkulie, ADHS, Lerncoaching, Entspannungstrainings, Handschrifttraining – je nach Anfrage. Doch je größer die Themenvielfalt, desto mehr Energie fließt in Vorbereitung, Einarbeitung und Materialsuche.
Die Folge: Man bleibt oft an der Oberfläche, fühlt sich überfordert und erschöpft – und verliert das klare Profil. Auch für Familien wird zunehmend unklar, wofür man eigentlich steht. Dabei ist genau das der Schlüssel zu Vertrauen und Wirksamkeit: Klarheit über die eigene Kernkompetenz.
Die Kraft des Fokus: Klarheit, Qualität und Zufriedenheit
Wer sich auf seine Kernkompetenz konzentriert, arbeitet nicht nur effizienter, sondern auch mit mehr Freude und Qualität. Ein klarer Fokus ermöglicht es, Expertise aufzubauen, gezielter zu helfen und als Spezialist wahrgenommen zu werden. Außerdem ist es wichtig, gezielt auch an andere Experten zu vermitteln und sich seiner eigenen Grenzen bewusst zu sein.
Das heißt nicht, dass man kein breites Wissen haben sollte – im Gegenteil: Grundlagenkenntnisse in angrenzenden Bereichen wie ADHS, Prüfungsangst und Matheangst oder Handschrift sind wichtig, um gezielt weitervermitteln zu können. Aber nicht alles muss ins eigene Angebot aufgenommen werden. Es ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Professionalität, wenn man Aufgaben an Experten mit anderer Expertise abgibt.

Tipps & Impulse: So findest du deinen Fokus als Lerntherapeut
- Reflektiere regelmäßig: Was macht dir wirklich Freude? Wo bist du stark?
- Setze Prioritäten: Du musst nicht alles können – entscheide dich bewusst!
- Starte mit wenig Material: Weniger ist mehr, besonders am Anfang.
- Plane Fortbildungen gezielt: Nicht jede Fortbildung ist jetzt nötig – Qualität vor Quantität
- Definiere deine Zielgruppe: Wen möchtest du besonders unterstützen? Vielleicht startest du als LRS Lerntherapeut und Rechenschwäche kommt später hinzu oder du hast anfangs nur Schüler einer bestimmten Altersgruppe
- Kommuniziere deinen Schwerpunkt: Zeige klar auf deiner Website, wofür du stehst
- Hole Feedback ein: Austausch mit anderen Lerntherapeuten hilft, deinen eigenen Weg zu finden
- Nutze aktiv die Möglichkeit von Supervision, Intervision und kollegialer Beratung
- Stelle Fragen – allein das Formulieren hilft dir, Klarheit zu gewinnen und gezielte Unterstützung zu bekommen (z. B. im Lerntherapeuten-Netzwerk).
- Grenze dich ab: Sage auch mal bewusst „Nein“ zu Anfragen, die nicht zu dir passen
- Sei mutig und streiche Angebote aus deinem Portfolio (ja, das ist nicht leicht, aber es schafft Platz für echten Fokus)
- Gönn nicht nur deinen Schülern, sondern auch dir Pausen
- Vergiss eine Zeitlang Social Media, auch da musst du nicht immer präsent sein
- Vertraue auf deine Entwicklung: Expertise wächst mit der Zeit – du musst nicht alles sofort können
- Freue dich über kleine Erfolge: Jeder Schritt zu mehr Klarheit ist ein Gewinn.
Fokus ist Stärke, kein Verzicht
Fokus bedeutet nicht, als Lerntherapeut für LRS und Rechenschwäche weniger helfen zu wollen – sondern gezielter, wirksamer und nachhaltiger zu arbeiten. Wer seine Kernkompetenz kennt und lebt, arbeitet zufriedener, erfolgreicher und wird als Experte wahrgenommen. Und das hilft am Ende auch den Kindern am meisten.

Du möchtest deinen Fokus als Lerntherapeut stärken und dich mit Gleichgesinnten austauschen?
Im Lerntherapeuten-Netzwerk findest du wertvolle Unterstützung, fachlichen Austausch und Inspiration – für mehr Klarheit, Sicherheit und Freude in deiner Arbeit, egal, ob du als LRS Lerntherapeut arbeitet oder den Fokus auf Rechenschwäche oder ADHS gelegt hast.
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