Eine Matheförderung in der Grundschule, auch um spätere Rechenschwierigkeiten oder eine Rechenschwäche vorzubeugen sollte früh beginnen. Bereits in den ersten Schulwochen zeigt sich, ob Kinder ein grundlegendes Zahlen – und Mengenverständnis mitbringen – oder ob sie schon früh Unterstützung brauchen. In diesem Beitrag zeige ich, wie unsere Grundschule mit gezielter Diagnostik und enger Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften und mir als Lerntherapeutin frühzeitig und präventiv Schüler mathematisch unterstützt hat.

Ergänzend findest du im folgenden Blogbeitrag Impulse, warum das mathematische Wissen vor der Einschulun einen großen Einfluss auf den weiteren Rechenerwerberb hat

Mathematisches Wissen entwickelt sich bereits vor der Einschulung

Schon vor dem Schuleintritt erwerben Kinder wichtige mathematische Grundlagen – oft ganz spielerisch im Alltag. Studien zeigen, dass das mengen- und zahlenbezogene Vorwissen vor der Einschulung ein starker Prädiktor für den späteren Schulerfolg in Mathematik ist (Krajewski & Schneider, 2006).

Dazu gehören:

  • Zählkompetenzen
  • Verständnis von mehr und weniger
  • Erkennen von Würfelbildern und einiges mehr (hier findest du eine Checkliste, welche mathematischen Kompetenzen Schüler vor der Einschulung mitbringen sollten)

Fehlen diese Grundlagen, haben Kinder es im Anfangsunterricht deutlich schwerer.

Matheförderung in der Grundschule von Anfang an: Das Freiburger Screening

Damit jedes Kind von Anfang an gut in Mathematik starten kann, setzt die Grundschule, an der ich arbeite schon zu Schuljahresbeginn auf eine gezielte Diagnostik und Förderung. Ein zentrales Instrument ist dabei das Freiburger Screening. Alle Erstklässler durchlaufen kurz vor den Herbstferien das Screening, um frühzeitig Hinweise auf mögliche Schwierigkeiten zu erkennen. So kann gezielt gefördert werden – bevor größere Lücken entstehen.

Kinder, bei denen sich erste Anzeichen von Unterstützungsbedarf zeigen, erhalten parallel zum Unterricht eine zusätzliche Matheförderung in der Grundschule in Kleingruppen durch eine Lehrkraft. Wenn darüber hinaus weiterer Bedarf besteht, begleite ich als Lerntherapeutin die Kinder individuell. Besonders im Fokus steht dabei die Stärkung mathematischer Basiskompetenzen.

BADYS-Diagnostik im Einsatz: wissenschaftlich und differenziert

Erstmals habe ich zum Schuljahresende zusätzlich die wissenschaftlich fundierte Bamberger Dyskalkuliediagnostik (BADYS 1–4+) bei ausgewählten Erstklässlern eingesetzt. Damit hat sich die Schule an der Neunormierung dieses Verfahrens beteiligt und trägt damit zur Weiterentwicklung fundierter Diagnostik im Bereich Rechenschwäche bei.

Ziel von BADYS ist es, Rechenschwierigkeiten frühzeitig und differenziert zu erkennen. Das Verfahren prüft unter anderem das Mengen- und Zahlenverständnis, grundlegende Rechenfertigkeiten, visuell-räumliche Fähigkeiten und das Arbeitsgedächtnis. Besonders im Mittelpunkt steht die Analyse der Denk- und Rechenstrategien – also wie sicher Kinder ihr mathematisches Wissen abrufen und welche Lösungswege sie nutzen (z. B. Zerlegen von Zahlen, Nachbaraufgaben).

Die Ergebnisse bildeten für uns an der Schule die Grundlage für individuelle Elterngespräche. Eltern erhielten konkrete Tipps, wie sie ihr Kind zu Hause gezielt unterstützen können.

Matheförderung in der Grundschule
Matheförderung in der Grundschule – Diagnostik und Förderung gehen Hand in Hand

Durchführung der Diagnostik durch die Lerntherapeutin

  1. Information & Einverständnis: Die Eltern wurden frühzeitig über das Verfahren informiert und um ihr schriftliches Einverständnis gebeten
  2. Auswahl der Kinder: Gemeinsam mit der Klassenlehrkraft wurden gezielt Kinder ausgewählt, bei denen ein mathematischer Unterstützungsbedarf vermutet wurde
  3. Terminplanung: Die Termine für die Diagnostik wurden in enger Abstimmung zwischen Lehrkraft und Lerntherapeutin festgelegt
  4. Durchführung: Einige Aufgaben wurden in kleinen Gruppen (2–3 Kinder) bearbeitet, andere Aufgaben im Einzelsetting. Der Fokus lag dabei klar auf dem Rechenweg und den Strategien der Kinder – nicht nur auf dem Ergebnis
  5. Auswertung & Rückmeldung: Die Ergebnisse wurden qualitativ ausgewertet und mit der Lehrkraft und den Eltern besprochen. Ziel war es nicht, Prozentwerte oder Leistungsvergleiche zu erheben, sondern konkrete Impulse für die Förderung zu geben
  6. Wissenschaftliche Auswertung: Die anonymisierten Testunterlagen wurden außerdem an den Paespy Verlag zur wissenschaftlichen Auswertung übermittelt. Die wichtigsten Hinweise für die Förderung gaben wir den Eltern jedoch direkt im Anschluss an die Testung – persönlich und individuell

Ergebnisse im Überblick: Stärken und Herausforderungen der Schüler

Die Kinder zeigten insgesamt gute Kompetenzen im Bereich:

  • Zahlenstrahl
  • Mengenverständnis
  • Schätzaufgaben
  • Vorgänger/Nachfolger
  • Zählkompetenz
  • Uhrzeit (volle Stunde)

Herausforderungen traten insbesondere auf bei folgenden Themen:

  • Textaufgaben
  • Rechenstrategien (z. B. zählendes Rechnen, falsche Strategien wie 15 – 7 = 12)
  • Platzhalteraufgaben
  • Zehner-/Einereinteilung

Besonders spannend finde ich mit den Schülern zu ihren Rechenstrategien ins Gespräch zu gehen. Der Schüler der bei der Aufgabe 15-7=12 gerechnet hat, hat mir folgendes erklärt: 5-7 geht nicht, also mache ich 7 – 5 = 2 und dann packe ich die 2 hinter die 1, die da schon steht. Das Ergebnis ist 12).

Matheförderung in der Grundschule
Eine Aufgabe aus der BADYS 1-4+

Elterngespräche mit praktischen Tipps fürs Lernen zuhause

Als Lerntherapeutin an der Schule habe mit jeder Familie ein persönliches Gespräch geführt – ca. 25–30 Minuten pro Kind. Dabei haben wir individuell besprochen, welche konkreten nächsten Schritte für das jeweilige Kind sinnvoll sind. Die Rückmeldungen waren sehr positiv – die Eltern fühlten sich informiert und gestärkt und waren dankbar, dass die Matheförderung in der Grundschule und damit die Prävention von Rechenschwierigkeiten so früh ansetzt und auch die Eltern mit einbezieht.

Diese Gespräche waren zeitlich zwar aufwändig, aber absolut lohnenswert. Denn nur im Zusammenspiel von Schule, Elternhaus und Lerntherapie gelingt nachhaltige Förderung.

Auch das Feedback war sehr wertschätzend:

Vielen Dank, das sind so hilfreiche Inspirationen.“

„Ich finde es toll, dass ihr euch die Mühe macht. Ich verstehe jetzt besser, wo mein Kind Schwierigkeiten hat.“

Im Gespräch mit den Eltern habe ich individuelle, alltagsnahe Tipps für die Förderung daheim gegeben:

  • Alltagsbezogene mathematische Aufgaben einbauen (z. B. beim Spazierengehen)
  • Ein Schätzglas zu Hause etablieren
  • Rechenstrategien üben und Kinder laut denken lassen
  • Textaufgaben aus dem Alltag integrieren („Du bist 7 Jahre alt, wie alt bist du in 2 Jahren?“)

Weitere Übungen und Ideen zur spielerischen Förderung findest du in diesem Blogbeitrag.

Meine Vision: Lerntherapie an jeder Schule bis zum Jahr 2043

Die Kombination aus BADYS und Freiburger Screening hat sich als sehr wirkungsvoll erwiesen. Gleichzeitig war der organisatorische und zeitliche Aufwand hoch – insbesondere durch die ausführlichen Elterngespräche. Künftig könnte es sinnvoll sein, andere Verfahren zu prüfen, eine digitale Unterstützung einzubinden oder auch einen Elternabend anzubieten, um aufzuzeigen, wie Lernen daheim erfolgreich gelingen kann – als Ergänzung zur Matheförderung in der Grundschule.

Was aber klar bleibt: Eine fundierte, multiprofessionelle Zusammenarbeit ist der Schlüssel. Nur im engen Austausch zwischen Lerntherapie und Lehrkräften gelingt es, eine passgenaue Matheförderung in der Grundschule zu etablieren.

Programme wie Lernen mit Rückenwind oder das Startchancenprogramm bieten hier große Chancen, solche Kooperationen strukturell zu verankern. Meine Vision ist es, dass bis zum Jahr 2043 an jeder Schule an Lerntherapeut arbeitet. Unsere Kinder brauchen qualifizierte Unterstützung – und zwar nicht irgendwann, sondern jetzt.

Rechenschwierigkeiten sind kein individuelles Versagen, sondern ein gemeinsamer Auftrag: frühzeitig hinsehen, gezielt handeln und Verantwortung übernehmen.

Deine weiteren Impulse

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