Immer wieder werde ich gefragt, wie man das Einmaleins am besten lernt. Sollte man Reihe für Reihe auswendig lernen – vorwärts, rückwärts, durcheinander? Oder lieber mit Material? Was ist der beste Weg? Tatsächlich gibt es verschiedene Methoden, doch der reine Fokus auf das Auswendiglernen ist nicht der effektivste Ansatz.
Ich zeige dir hier, warum das vernetzte Lernen der Multiplikation nicht nur sinnvoller ist, sondern auch langfristig zu besseren Ergebnissen führt – auch bei Schülern mit einer Rechenschwäche.
Warum zu frühes Auswendiglernen kontraproduktiv ist
Eine zu frühe Automatisierung ist absolut kontraproduktiv, weil dadurch das sogenannte „zählende Rechnen“ verfestigt werden kann. Diese Worte gefährlich stammen übrigens nicht von mir, sondern von Dr. Sebastian Wartha, Mathematikprofessor an der Uni Karlsruhe. Kinder, die früh nur auswendig lernen, ohne die Zusammenhänge zu verstehen, haben später Schwierigkeiten, Multiplikationsaufgaben flexibel anzuwenden. Gerade für Schüler, die ohnehin größere Schwierigkeiten in Mathe haben, ist es entscheidend, das Einmaleins nicht nur auswendig zu lernen, sondern die mathematischen Beziehungen zu verstehen.
„Ein Erwerb von tragfähigen Grundvorstellungen zum Einmaleins ist nicht an Rechenfertigkeiten gebunden“ (Gaidoschik, 2022)
Welche Voraussetzungen benötigen Schüler, um das Einmaleins zu erlernen?
Bevor das Einmaleins gelernt wird, sollten Schüler bestimmte Kompetenzen mitbringen. Nur oft liegen diese Voraussetzungen noch gar nicht vor und es wird rasend schnell das Einmaleins eingeführt und sehr zügig auch verlangt, dass man die Reihen blitzschnell auswendig kann. Folgende Dinge sind wichtig, bevor das Einmaleins gelernt wird.
- Verdoppeln und Halbieren von zweistelligen Zahlen
- Sichere Addition und Subtraktion im Zahlenraum bis 100
- Grundlegendes Verständnis des dezimalen Stellenwertsystems, also das Verständnis von Einern, Zehnern und Hundertern und damit das Bündeln und Entbündeln
Nur, wenn diese Voraussetzungen vorliegen, kann das Einmaleins auf einem tragfähigen Fundament aufgebaut werden. Das ist wie bei einem Haus, ohne ein stabiles Fundament wackelt es und stürzt möglicherweise auch sehr schnell ein.
Was sollen Schüler Ende Klasse 2 können – der Blick in den Bildungsplan
Der Bildungsplan (Hinweis Baden-Württemberg) von 2024 sieht klar vor, dass bis Ende Klasse 2 die Schüler die Kernaufgaben auswendig abrufen können sollten. Alle anderen Aufgaben sollen davon abgeleitet werden. Die Kinder sollen „durch produktive Übungen bei der gedächtnismäßigen Beherrschung unterstützt werden“.
Weiter heißt es, Schüler sollen
die „Aufgaben des kleinen Einmaleins aus den Kernaufgaben ableiten und deren Beziehung zueinander nutzen
(z.B. Verändern, Zerlegen und Zusammensetzen, Verdoppeln). Genau das kommt aber ganz oft leider im Unterricht viel zu kurz.
Warum das Einmaleins so wichtig ist
In meiner Tätigkeit als Lerntherapeutin erlebe ich viele Schüler in der weiterführenden Schule, für die „Mal“ und „Geteilt“ noch ein sehr großes Problem ist. Sie haben oft gar nicht gelernt, was das Einmaleins überhaupt bedeutet.
Auch Pia Meyer, Lehrerin und Lerntherapeutin aus Hessen weist darauf hin, dass das Einmaleins in der Sekundarstufe eine große Rolle spielt. Schüler müssen erkennen, dass sie die Aufgaben 12 mal 8 von der Aufgabe 10 mal 8 ableiten können. „Viele allerdings bringen diese Kompetenzen nicht mit“.
Dabei spielt das Einmaleins in allen weiteren Klassenstufen eine große Rolle und ist in der Sekundarstufe ebenfalls wichtig, wenn es um Brüche oder Prozentrechnen geht. Die folgende Grafik veranschaulicht dies.
Einmaleins Lernen – das sind die Schritte
Das Einmaleins lernen bedeutet mehr als bloßes Auswendiglernen. Kinder sollten strukturiert an die Multiplikation herangeführt werden. Die Automatisierung sollte immer am Ende des Prozesses stehen. Folgende Schritte sind entscheidend:
1.Verstehen der Multiplikation: Zunächst müssen Kinder begreifen, was Multiplikation bedeutet
Das kann z.B. geübt werden, indem im Alltag aktiv nach Einmaleins-Aufgaben gesucht wird, dabei geht es erstmal darum, Einmaleins-Aufgaben zu finden und sie noch nicht auszurechnen.
2. Kernaufgaben des Einmaleins üben und vertiefen (2er, 5er und 10er Reihe)
In der Regel können Schüler hier schon bei vielen Dingen an Klasse 1 anknüpfen. Falls hier noch Schwierigkeiten sind, ist das eine gute Gelegenheit, das Verdoppeln und Halbieren nochmal zu vertiefen.
Rechtecks-Modelle oder sogenannte Punktebilder helfen, die Zusammenhänge der Multiplikation zu visualisieren.
3. Abteilung der Aufgaben von den Kernaufgaben
4. Automatisierung: Erst wenn das Verständnis und die Verknüpfungen vorhanden sind, folgt die Automatisierung durch regelmäßiges Üben.
Natürlich sind diese Schritte eine vereinfachte Kurzdarstellung, aber sie sollen aufzeigen, dass es bestimmte Voraussetzungen und Abläufe benötigt, um das Einmaleins zu erlernen.
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Verstehen statt Auswendiglernen – der Schlüssel zum Erfolg im Einmaleins
Das Einmaleins ist weit mehr als nur eine Abfolge von Zahlen, die man auswendig lernen muss. Es ist ein Fundament für das mathematische Verständnis, das auf Verbindungen und Zusammenhängen aufbaut. Vernetztes Lernen ermöglicht es Kindern, flexibel und sicher mit den Aufgaben umzugehen und fördert so nachhaltiges Lernen.
Der Bildungsplan unterstützt diesen Ansatz, indem er auf die Bedeutung der Kernaufgaben und ihrer Ableitungen hinweist. Das Auswendiglernen sollte erst am Ende des Lernprozesses stehen, wenn die Kinder bereits die Multiplikation verstanden und verinnerlicht haben. So gelingt es, langfristig mathematische Kompetenzen aufzubauen und spätere Probleme zu vermeiden.
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