Lerntherapeut finden? Mit diesen Tipps geht’s leichter! Vermutlich glaubst du, das ist unmöglich und vom vielen Googeln bist du schon völlig genervt. Dann geht es dir wie vielen Eltern. Die Auswahl erschlägt dich regelrecht, wobei du doch eigentlich nur gerne jemanden finden möchtest, der dein Kind unterstützt. Glaube mir, ich kann gut nachvollziehen, wie es dir geht. Denn ich bin nicht nur Lerntherapeutin, sondern auch  Mutter einer Tochter mit Rechenschwäche. Auch ich stand vor einigen Jahren vor der Frage, wo finde ich den richtigen Lerntherapeuten für mein Kind?

Du bekommst hier meine besten 12 Tipps, um herauszufinden, welche Förderung und welcher Lerntherapeut zu euch passen.

1. Lernumgebung

Es ist wichtig, dass dein Kind sich wohl fühlt. Der Raum sollte kindgerecht und einladend gestaltet sein, so dass dein Kind dort das Gefühl hat, willkommen zu sein. Stimmt die Atmosphäre, dann macht das Lernen gleich viel mehr Spaß. Auch der wertschätzende und offene Umgang zwischen Lerntherapeut und deinem Kind sind von großer Bedeutung.  Die Chemie muss einfach passen.

2. Das Erstgespräch

Im Erstgespräch solltest du vorab alle Fragen klären können, die dir auf dem Herzen liegen. Das Erstgespräch sollte außerdem unverbindlich sein, du solltest nicht gedrängt werden, sofort einen Vertrag abzuschließen. Nach dem Erstgespräch sollte genügend Zeit sein,  um in Ruhe zu entscheiden, ob diese Förderung für dein Kind die richtige ist. Falls du dich für ein Lerninstitut entscheidest, kläre ab, ob die Möglichkeit besteht, dass ihr vorab Kontakt zu der Person habt, die dein Kind auch fördern wird.

3. Ausbildung und Erfahrung – kann jeder Lerntherapeut werden?

Der Begriff Lerntherapeut ist nicht geschützt und es gibt kein anerkanntes Berufsbild. Die Ausbildung zum Lerntherapeuten kann je nach Anbieter unterschiedlich lang sein, einige Ausbildungen gehen nur wenige Tage, einige mehrere Wochen und wiederum andere gehen berufsbegleitend 3 Jahre. Natürlich spielt neben der lerntherapeutischen Zusatzqualifikation auch immer die Berufserfahrung und die Grundqualifikation des Lerntherapeuten eine Rolle.

Frage nach, ob der Lerntherapeut regelmäßig an Fortbildungen und/oder an regelmäßiger Supervision teilnimmt. Bei einigen Ausbildungen verpflichtet man sich danach zu einer bestimmten Anzahl von Fortbildungen pro Jahr und zu regelmäßiger Supervision.

Was ist überhaupt eine Supervision?  Es ist ein regelmäßiger Austausch von Lerntherapeuten in einer kleinen Gruppe unter Anleitung eines Supervisors (meist ein sehr erfahrener Lerntherapeut). Im Team werden Fragen zu einzelnen Schülern, die man betreut (natürlich anonymisiert) besprochen. Denn manchmal braucht es einfach einen neutralen Blick und den Austausch mit anderen. Dieser Austausch hilft mir als Lerntherapeutin sehr mein eigenes Handeln zu reflektieren und ich bekomme in den regelmäßigen Supervisionen immer wertvolle Tipps.

4. Einzel- oder Gruppenförderung? 

Frage nach, ob die Lerntherapie im Einzelsetting oder in einer Kleingruppe stattfindet. Bei Gruppenunterricht empfiehlt sich eine maximale Größe von 4 Kindern. Allerdings kann es auch vorkommen, dass sich Kinder selbst bei homogenen Kleingruppen unterschiedlich schnell entwickeln und schon nach wenigen Wochen die Gruppe nicht mehr zusammenpasst, weil jedes Kind auf einem anderen Level ist. Eine Kleingruppe kann aber auch motivierend sein,  da der Schüler sieht, dass er mit seinen Lernschwierigkeiten nicht alleine ist. Wichtig ist es, dass die Förderung zum Kind passen muss, nicht jedes Kind lernt in einer Gruppe gut, andere brauchen die 1:1 Betreuung.

Auch die Anzahl der betreuten Schüler bei diesem Lerntherapeuten oder Institut mag für dich interessant sein. Liegt der Schwerpunkt auf einer Lerntherapie oder ist es ein Nachhilfeinstitut, welches quasi nebenbei noch 2-3 Schüler mit einer LRS oder Rechenschwäche betreut?

 

5. Bringt jedes Förderprogramm etwas? 

Eine gute Lerntherapie stülpt Kindern nicht einfach ein Förderprogramm auf, das für alle Kinder passen soll. Es wird mittels Förderdiagnostik geschaut, was dein Kind beim Lesen, Schreiben und Rechnen schon kann und wo eine Förderung ansetzen muss. Die Übungen werden individuell für das Kind ausgewählt, um nach und nach erste kleine Erfolge zu erreichen. Eine integrative Lerntherapie arbeitet an der sogenannten Null-Fehler-Grenze, also dort, wo das Kind keine Fehler oder nur sehr wenige macht. Nach und nach wird der Schwierigkeitsgrad erhöht und die Motivation damit kontinuierlich aufrechterhalten. Wichtig ist es, dass die Lerneinheiten spielerisch, aber auch aufeinander aufbauend gestaltet werden.

In den aktuellen S3-Leitlinien Lese-Rechtschreib-Störung und Rechenstörung  finden sich weitere Informationen zur Förderung und zu passenden Förderprogrammen. Vielen Lerntherapeuten orientieren sich an den Empfehlungen der Leitlinie (die Leitlinie Lese-Rechtschreibstörung wird momentan überarbeitet, behält aber solange weiterhin ihre Gültigkeit). Die Leitlinie Rechenstörung kann hier eingesehen werden (das Ampelprinzip der Förderprogramme ab S. 34 ist sehr hilfreich – grün sind die empfehlenswerten Programme und gelb die weniger empfehlenswerten Programme)

Und noch ein Hinweis

Leider gibt es immer wieder Anbieter, die schnelle Heilversprechen machen und angeben, dass eine LRS innerhalb weniger Wochen verschwindet. Kläre deine Erwartungen zu Beginn der Lerntherapie und sprich offen an, was ihr euch erhofft. Mache dir außerdem bewusst, dass du bei großen Lernschwierigkeiten von deinem Kind  Zeit einplanen musst, bis erste Fortschritte sichtbar sind.

6. Weiteres Expertenwissen vorhanden? 

Frage auch nach, wie mit möglichen Komorbiditäten (Schwierigkeiten, die parallel zum Lesen, Schreiben und Rechnen auftreten) umgegangen wird. Vielleicht hat dein Kind neben Rechenschwierigkeiten auch Konzentrationsschwierigkeiten. Welche Erfahrung hat der Lerntherapeut mit Vermeidungsverhalten, Lernblockaden oder sehr ängstlichen Kindern?  Kennt er sich mit Konzentrationsschwierigkeiten oder AD(H)S aus? Jeder Lerntherapeut hat ganz unterschiedliche Ausbildungsschwerpunkte und im Laufe der Zeit entwickeln sich manchmal ganz unterschiedliche Schwerpunkte. Der eine mag Experte für Lernschwierigkeiten und AD(H)S sein, der andere betreut fast ausschließlich Kinder mit einer Dyskalkulie.

7. Der Förderplan

Im Vergleich zur Nachhilfe, wo vorrangig der Schulstoff bearbeitet und gefestigt wird, setzt die Lerntherapie an den Basiskompetenzen an. Das heißt, jedes Kind bekommt seinen ganz individuellen Förderplan, der transparent die verschiedenen Förderschwerpunkte beschreibt. Nicht jede LRS ist gleich und nicht jede Rechenschwächeförderung setzt an den gleichen Punkten an. Daher ist ein Förderplan wichtig, denn er schafft Transparenz.

8. Gibt es eine begleitende Verlaufsdiagnostik? 

Eine Förderung läuft nicht immer gleich schnell ab, jedes Kind hat seine ganz eigenen Förderschwerpunkte. Daher ist es wichtig, dass eine Lerntherapie inhaltlich immer wieder angepasst wird bzw. der Lerntherapeut reflektiert, ob der Förderplan so fortgeführt oder möglicherweise angepasst werden muss.

Ich führe regelmäßig eine begleitende Förderdiagnostik durch. Das bedeutet, ich überprüfe, welche Fortschritte wir schon erreicht haben und wo wir vielleicht noch intensiver üben müssen oder sich womöglich ein anderer Ansatz, ein anderes Förderprogramm oder ein anderes Material besser eignet.

Auch mache ich damit dem Schüler und seinen Eltern seine individuellen Fortschritte bewusst, die ja manchmal durch den Vergleich mit den Mitschülern nicht so sichtbar sind.

9. Kündigungsfristen und vertragliche Regelungen 

Wie lange sind die Kündigungsfristen? Das ist, wie ich finde ein sehr wichtiges Thema. Bei Nachhilfe kann es vorkommen, dass insbesondere die größeren Institute Jahres- oder sogar Zweijahresverträge abschließen. Frage daher genau nach, welche Kündigungsfristen es gibt. Ich z.B. habe nur 4 Wochen und viele Lerntherapeuten, die ich ich kenne, achten auf kurze und faire Kündigungsfristen. Findet auch in den Ferien eine Förderung statt oder wird in dieser Zeit pausiert? Vielleicht ist es für dich auch wichtig, ob es die Möglichkeit von Intensivwochen gibt, wo ein bestimmtes Thema erarbeitet und gefestigt wird.

10. Wie ist der Austausch mit der Schule? 

In der Lerntherapie ist es es wichtig, dass ein enger Austausch zur Lehrkraft stattfindet. Wenn die Schule regelmäßig über den Lernfortschritt informiert wird, hilft es dem Lehrer, ein besseres Verständnis für die Lernschwierigkeiten zu entwickeln. Vielen Lehrern fehlt fundiertes Fachwissen zu LRS oder Rechenschwäche. Sie möchten gerne unterstützen, wissen aber oft nicht wie. Lerntherapeuten können somit über die Lernschwierigkeiten aufklären und aufzeigen, welche Unterstützung der Schüler innerschulisch benötigt. Wichtig ist auch eine Entlastung der Hausaufgabensituation, denn stundenlanges Üben bis zur Erschöpfung ist frustrierend und bringt nicht den erwünschten Erfolg.

Kinder mit einer sehr ausgeprägten Legasthenie mögen keine schnellen Verbesserungen bei den Noten erreichen. Eine Lerntherapie ist langfristig ausgerichtet. Es ist daher von großer Bedeutung, dass der Lerntherapeut der Schule und den Eltern die individuellen Fortschritte rückmeldet. Für das Kind ist es wichtig, dass die kleinen Fortschritte sichtbar gemacht werden, denn schulisch mag es oft aussehen wie ein Stillstand, weil die individuelle und gezielte Förderung einfach Zeit braucht. Macht der Lerntherapeut aber die Lernfortschritte sichtbar, ist die Lernmotivation viel höher und die Schule kann individueller auf den Schüler eingehen.

11. Wie ist der Austausch mit den Eltern? 

Kläre am besten schon im Erstgespräch wie oft du Rückmeldung über den Lernfortschritt erhalten wirst. Gibt es Übungstipps für daheim? Hast du das Gefühl, dass deine Fragen alle beantwortet werden und du bei weiteren Fragen immer auf ein offenes Ohr triffst. Was sagt dein Bauchgefühl? Als Vater, Mutter, Oma oder Opa musst das Gefühl haben, dass der Lerntherapeut der Richtige für dein Kind ist Dein Kind spürt, ob auch du dich gut betreut fühlst, jegliche Unsicherheit könnte sich auf das Kind widerspiegeln. Wenn wenn du dich allerdings gut betreut fühlst, spürt das auch dein Kind.

12. Online oder vor Ort? 

Vielleicht bietet dein Wunsch-Lerntherapeut auch eine online Unterstützung an. Aufgrund der Pandemiesituation können sich die Rahmenbedingungen schnell ändern und es muss ggf. von Präsenz auf Onlineförderung umgestellt werden. Wie flexibel ist hier der Lerntherapeut? Vielleicht suchst du auch eine reine Online-Lerntherapie für dein Kind, frage nach, ob das möglich ist.

Online oder vor Ort – was ist besser? Hier findest du eine tolle Gegenüberstellung von Lerntherapeutin und Netzwerkmitglied Sabine Landua.

Ein Tipp zum Schluss: Lerntherapie, Elterntraining oder beides in Kombination?

Suchst du einen Lerntherapeuten für dein Kind oder auch ein Elterntraining? Oder in Kombination beides?

Vielleicht möchtest du die Förderung deines Kindes selbst in die Hand nehmen.  Nach einer Bestimmung des Lernstandes wirst du wissen, mit welchem Material oder an welchen Themen du mit deinem Kind arbeiten kannst, um erste Fortschritte zu erreichen.

Es hängt daher ganz davon ab, welche Ziele und Erwartungen du hast. Manchmal braucht es die externe professionelle Unterstützung eines Lerntherapeuten und die regelmäßige Begleitung. Andere Kinder hingegen lernen am besten mit ihren Eltern

Wo finde ich den richtigen Lerntherapeuten für mein Kind?

Nachdem du für dich die Fragen herausgepickt hast und deine eigene Checkliste erstellt hast, kannst du in den vorhanden Therapeutenlisten im Internet nach der richtigen Unterstützung für dein Kind suchen.

Hier habe ich einige Listen für dich zusammengestellt. Du kannst nach deiner Postleitzahl  suchen und nachschauen, welcher Lerntherapeut in deiner Nähe ist. Einige Lerntherapeuten bieten auch online Unterstützung an.

Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie (BVL)

Fachverband integrative Lerntherapie (FIL)

Kreisel e.V.

Berufsverband Akademischer Legasthenie-Dyskalkulie-TherapeutInnen (BALDT)  Schwerpunkt Österreich

Für Englisch und LRS

Wordly Trainer Übersicht

 

 

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