Ich erlebe immer wieder, dass gar nicht klar, ist, was da genau in der Förderung bzw. der Lerntherapie im Bereich der Dyskalkulie gemacht wird. Das bisschen Plus und Minus und Einmaleins kann ja nicht so schwer sein. Wenn ein Kind da Schwierigkeiten hat, dann übe ich genau das, oder? Oder helfen möglicherweise ganz andere Ansätze weiter, die mit Rechnen gar nichts zu tun haben?

Ich zeige dir hier verschiedene Aspekte, die einen Einfluss auf den Erfolg der Förderung von Rechenschwierigkeiten haben können und gebe dir Tipps, welche auch wirklich nachhaltig sind.

Dyskalkulie ist nicht gleich Dyskalkulie

Bevor ich auf die Aspekte eingehe, ist es wichtig zu wissen, dass jede Dyskalkulie unterschiedlich ausgeprägt ist und daher eine Förderung auch immer sehr individuell ist. Auch schnelle „Heilversprechen“ (in 4 Wochen zum Mengenverständnis) sind mit Vorsicht zu genießen. Denn jedes Kind lernt unterschiedlich schnell und hat individuelle Herausforderungen. Eine genaue Förderdiagnostik bzw. Lernstandserhebung ist daher entscheidend.

Auch eine Festlegung von Schwierigkeiten allein anhand eines Prozentrangs, wie es in der medizinischen Diagnostik der Fall ist, hilft nicht weiter. Ich erfahre dann nur, dass Schwierigkeiten vorliegen und erhalten außerdem einen Punktwert (Prozentrang), der aufzeigt, wie der Schüler im Vergleich zu anderen abschneidet. Jedoch erfahre ich nicht, wie er rechnet und welche Strategien er anwendet.

Förderdiagnostik, in der Regel nutze ich eine Kombination aus normierten und informellen Testverfahren

Nur mit einem Blick auf die individuellen Herausforderungen und einer genauen Lernstandserhebung kann der Lerntherapeut den Schüler effektiv unterstützen.

Aspekte für eine nachhaltige Förderung

Welche Aspekte wirklich nachhaltig für eine Förderung sind, stelle ich dir im Folgenden vor:

  1. Fokus auf mathematische Themen: Eine Dyskalkulie Förderung ist insbesondere nachhaltig, wenn sie am Problem ansetzt. Das Rechnen lernt man nur, wenn man rechnet.
  2. Stützfunktionen im Blick, aber nicht ausschließlich: Auch die Förderung von Aufmerksamkeit, Gedächtnis, visueller und räumlicher Verarbeitung und die mathematische Sprache sollten gefördert werden, aber nicht ausschließlich
  3. Stärkung der Basiskompetenzen: Eine große Rolle in der Dyskalkulie Lerntherapie spielt die Vermittlung von Basiskompetenzen. Nach Wartha & Schulz (2019)  zählen dazu: das Verständnis für Mengen und Zahlen und deren Beziehungen zueinander, das Operationsverständnis und das verständige Rechnen
  4. Loslösen vom Schulstoff: Daher ist es wichtig, sich vom Schulstoff loszulösen und an den mathematischen Grundlagen anzusetzen
  5. Förderdiagnostik bzw. Lernstanderhebung: eine Förderung ist dann nachhaltig, wenn sie zu Beginn der Förderung die mathematischen Kompetenzen überprüft und wenn  regelmäßig eine Lernstandserhebung durchgeführt wird.
  6. Einzelförderung: Eine Einzelförderung ist einer Gruppenförderung vorzuziehen
  7. Wissenschaftliche Evaluation; wichtig ist es, evaluierte Fördermaterialien und Methoden zu verwenden, so ist eine Evaluation des therapeutischen Vorgehens möglich (siehe S3-Leitlinie Rechenstörung)
  8. Personale und soziale Ressourcen, es ist wichtig diese Ressourcen des Kindes im Blick zu haben, um darauf aufbauend die Lerntherapie zu planen
  9. Komorbiditäten berücksichtigen: fundiertes Hintergrundwissen ist enorm wichtig, um Schwerpunkte in der Förderung zu setzen (ADHS, Mathematikangst)
  10. Positive Wirkung von Psychoedukation durch Einbindung von Eltern. Eltern entwickeln mehr Verständnis für die Lernschwierigkeiten ihres Kindes
  11. Interdisziplinärer Austausch: Für den Fördererfolg ist ein enger fachlicher Austausch mit Lehrkräften, Schulpsychologen, Ärzten und ggf. weiteren Beteiligten wichtig. Eine Lerntherapie ist damit immer ganzheitlich

Noch ein Hinweis zum Thema Integration der frühkindlichen Reflexe: Dies ist wissenschaftlich nicht belegt. Eine alleinige Reflexintegration ist daher kritisch zu sehen, denn „Ein Zusammenhang zwischen ADHS, LRS und anderen Lernstörungen einerseits sowie frühkindlichen Reflexen – mögen diese nun altersentsprechend verschwinden oder aber persistieren – besteht nicht“. (Skrodzki et al., 2017).

Haus des Rechnens – ein stufenweiser Aufbau der Dyskalkulie Lerntherapie

Folgender Aufbau im Haus des Rechnens von Frau Dr. Küspert stellt die mathematische Kompetenzentwicklung dar. Dieser Aufbau kann unterstützend in der integrativen Lerntherapie bzw. der Dyskalkulie-Therapie, aber auch in der schulischen Förderung als Leitfaden dienen. Er kann auch Eltern und Lehrkräften transparent machen, wie wichtig ein stabiles Fundament für den Aufbau von Mengen- und Zahlenwissen ist, genau wie bei einem Haus.

Haus des Rechnens, Küspert, 2022

Rechenschwäche, Dyskalkulie, Schwierigkeiten?

Ein paar Worte zum Schluss zu den unterschiedlichen Begriffen, wenn von Schwierigkeiten beim Mathematiklernen gesprochen wird. Ich verwende in der Regel den Begriff der Rechenschwäche, um zu verdeutlichen, dass hier kein Krankheitswert bei Schülern vorliegt, sondern frühe Möglichkeiten der Förderung von Bedeutung sind.

Allerdings wird bei Google der Begriff Dyskalkulie 10x häufiger gesucht wird als der Begriff Rechenschwäche. Weil mir das Thema so am Herzen liegt, habe ich mich entschieden einen Begriff zu nutzen, der auch aktiv im Internet gesucht wird.

Viel wichtiger jedoch als die Begriffe ist eine passende und nachhaltige Förderung der Dyskalkulie, damit Mathematik endlich wieder Freude macht.

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Quellen:

 

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